Umsetzung des Netto-Null-Zieles
Keine weitere Flächenversiegelung im Außenbereich der Stadt Wuppertal
Die Unterzeichner/innen beantragen folgenden Ratsbeschluss:
Das „Netto-Null-Ziel“ der EU und des Klimaschutzplanes der Bundesregierung hinsichtlich einer weiteren Flächenversiegelung wird auf dem Gebiet der Stadt Wuppertal umgesetzt. Dazu wird die Verwaltung beauftragt, alle Möglichkeiten konsequent zu nutzen, um die weitere Beanspruchung von Grünflächen und landwirtschaftlichen Nutzflächen durch eine Bebauung zu beenden. Das Netto-Null-Ziel wird als Maxime für die Stadtentwicklung und Bauleitplanung festgelegt.
Falls der Rat diesem Antrag nicht folgen sollte, beantragen wir eine klare Antwort auf die Frage, wann und wo auf einem endlichen Stadtgebiet Schluss mit einer weiteren Flächeninanspruchnahme ist.
Begründung
Nur so eine klare Vorgabe verhindert weitere Begehrlichkeiten auf Freiflächen und setzt Energien frei, mit den vorhandenen Ressourcen kreativ umzugehen.
Die vorhanden Planungsunterlagen für Baumaßnahmen im Außenbereich beruhen auf der Fortschreibung von Zahlen aus den letzten 10 bis 20 Jahren. Das gilt sowohl für den gewerblichen wie für den wohnraumbezogenen Flächenbedarf. Eine vergangenheitsbezogene Fortschreibung ist nicht mehr zeitgemäß. Es finden vielfältige Veränderungen sowohl im wirtschaftlichen Bereich (Verlagerung von Produktion in Billiglohnländer), beim Einzelhandel (Verlagerung zum Online-Handel) oder im Arbeitsbereich (z.B. Homeoffice) statt, aber auch – und das ist ganz entscheidend – durch den Klimawandel. Hinzu kommt, dass die Stadt Wuppertal in ihrem „Handlungsprogramm Gewerbeflächen – Neue Potenzialflächen“ festgestellt hat, dass es auf dem Gebiet der Stadt keine adäquaten Kompensationsflächen mehr gibt. Die dort gemachte Überlegung, solche Flächen im Bergischen Land oder im Sauerland zu suchen, wird von den Antragstellenden insbesondere hinsichtlich der lokalklimatischen Auswirkungen von Versiegelungen als nicht zielführend betrachtet. Es bedarf zur Bedarfsfeststellung neuer Wohnraum- und Gewerbeflächen gänzlich neuer Verfahren und Kriterien unter Beachtung des hohen Schutzbedarfs von Natur und Grünland. Insofern müssen alle Pläne auf allen Ebenen (u.a. der Flächennutzungsplan), regional bis hin zur Kommune überarbeitet und an die veränderte Situation angepasst werden. Dies bedeutet auch, dass bereits planerisch festgelegte Gebiete wie z.B. die Kleine Höhe oder Im Hölken (am NSG zu den Dolinen) nicht weiter verfolgt werden. Der Flächennutzungsplan soll den Zielen von Netto Null angepasst werden. Dabei müssen Ziele des Klimaschutzes, der überregionalen und regionalen Freiflächenverbunde, die Biotopvernetzung sowie die urbane Lebensqualität berücksichtigt werden.
Im April 2022 hat die Stadt Wuppertal den Klimanotstand ausgerufen. Die Folge dieses Beschlusses ist, dass bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima und die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und die nachhaltigere Möglichkeit zu bevorzugen ist. Die negativen Folgen von Flächenversiegelungen sind seit Jahren hinreichend bekannt. Neben Aspekten der Ökologie, des Naturschutzes, der Zerstörung von landwirtschaftlichen
Betrieben, Erholungsräumen und des Landschaftsbildes spielen dabei die Auswirkungen auf das Klima eine bedeutende Rolle. Bebaute Flächen erwärmen sich im besonderen Maße und die für die Bebauung in Anspruch genommenen Flächen fallen als Kalt-/Frischluftquellen und -schneisen weg. Zusätzlich steigt die Hochwassergefahr bei Starkregenereignissen durch Wegfall von Versickerungsflächen.
Unversiegelter Boden ist neben Luft und Wasser eine der drei unabdingbaren Lebengrundlagen auf dieser Erde. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und den Schutz des Bodens im Bundes-Bodenschutzgesetz und im Landesbodenschutzgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen verankert. In der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sowie der Ressourcenstrategie der Europäischen Union und dem Klimaschutzplan der Bundesregierung wird ausdrücklich gefordert, die Flächenversiegelung auf „Netto-Null“ herunterzufahren.
„Um die genannten Flächensparziele erreichen zu können, hat die Bundesregierung bereits verschiedene Anstrengungen unternommen. Beispielsweise hat sie im Jahr 2013 ein Gesetz zur Stärkung der städtebaulichen Innenentwicklung erlassen. Außerdem unterstützt sie die Kommunen bei der Nutzung von Brachflächen, Freiflächen und Baulücken sowie bei der Nach- und Umnutzung von leerstehenden Gebäuden in Innenstädten.“
(Quelle: Bundesumweltamt)
Die Unterzeichnenden dieses Antrages fordern die Stadt Wuppertal auf, im Sinne dieser Gesetze und Strategien zu handeln. Dies bedeutet, im Rahmen eines neuen nachhaltigen und klimarobusten kommunalen Flächenmanagementsystems vorhandene Flächen im Innenbereich für Bebauungen in Anspruch zu nehmen und dabei im besonderen Maße Brachflächen zu nutzen. Grundlage dafür ist ein bereits seit 2016 vorhandenes „Handlungsprogramm Brachflächen“ der Stadt, das sich derzeit in Überarbeitung befindet.
Bei dieser neuen Art der Stadtentwicklung sehen wir folgende positive Perspektiven:
- Für den neuen Weg der Stadtentwicklung kann die Stadt Wuppertal Fördergelder entsprechend des oben genannten Gesetzes zur Stärkung der städtebaulichen Innenentwicklung in Anspruch nehmen.
- Die Aufbereitung von reichlich vorhandenen Industriebrachen für eine neue gewerbliche Nutzung schafft Arbeitsplätze.
- Bei verändertem Konsumverhalten können leerstehende Einzelhandelsgeschäfte in attraktiven Wohnraum umgewandelt werden.
- Erhalt von fruchtbaren landwirtschaftlichen Böden für eine regionale Versorgung.
- Die Stadt Wuppertal schafft sich durch Festsetzung des Netto-Null-Ziels Beachtung weit über die Stadtgrenzen hinaus und zieht dadurch gewerbetreibende Unternehmen und Fachkräfte an, für die eine „grüne“ Stadt wichtig ist.
- Mit dem in Artikel 14 des Grundgesetzes verankerten Grundsatz, dass Eigentum dazu verpflichtet, „dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen“, können Eigentümer, die über Industriebrachen oder leerstehende Wohnungen verfügen, herangezogen werden. Damit wird dieses Eigentum einer Nutzung zugeführt, die den heutigen Ansprüchen an Umwelt und Natur entspricht.
- Folgeschäden durch die Klimaerwärmung werden reduziert.
- Wuppertal bleibt eine grüne und lebenswerte Stadt.
Christoph Ziegler und Aktionsbündnis GrünStadtGrau
Weitere unterzeichnende Personen, Verbände und Initiativen:
BUND Kreisgruppe Wuppertal
NABU Wuppertal
Hans Peter Schill, 1. Vorsitzender des NABU Stadtverband Wuppertal
LNU Wuppertal
WBU Verbund der Wuppertaler Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
Bewusst Leben Wuppertal e. V.
BI Kleine Höhe
Michael Felstau / IG Wuppertals urbane Gärten
Initiative Talbuddeln
Parents for future
BI Osterholz bleibt
Permakulturhof vorm Eichholz e.V.
Menschen- und Naturfreunde Scharpenacken
Rainer Lucas
Matthias Greiling
Christian Limbach
Irmgard von Köller
Angelika Goos
Uwe Teubner
Dieter Verst
Martin Bröcker
Gaby Schnabel
Solveig Fischer
Klaus Glomp
Ursula Dechamps
Heike Mutzberg
Margarethe Cziesla
Frank Olikowski
Melina Jürgens
Simone Dahlmann-Buscher
Regina Panzer
Iris Bender
Christian Gölker
Gisela Krischnak
Anne Lorenz
Rowena Verst
Jutta Reichardt
Sabine Rohr
Reinhard Trompeter
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