Hi, ich bin Jonathan, ich bin einer von vielen Unterstützer:innen der Letzten Generation hier in Wuppertal.
Wir (als Letzte Generation Wuppertal) wurden gefragt, ob wir hier einen Wortbeitrag beisteuern möchten. So weit, so fantastisch. Das machen wir gerne! Als es dann konkret wurde, hat sich natürlich die Frage gestellt, worüber ich in meinem Beitrag reden möchte.
Über die vielen problematischen Aspekte von Flächenversiegelung wurde bereits ausgiebig gesprochen. Da ich an einer Universität arbeite, unterstreiche ich gern noch einmal die wissenschaftliche Perspektive: Es geht hier um wissenschaftlich belegte Fakten, nicht um Meinungen – und es geht darum, was Wuppertal zum Schutz von uns und im Gesamtzusammenhang der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen tun kann und tun muss.—
Wir als Letzte Generation setzen uns ja vor allem dafür ein, dass die Bundesregierung Artikel 20a des Grundgesetzes achtet und unsere Lebensgrundlagen schützt. Genau das müssen auch die Landesregierungen, die Stadträte und die Stadtverwaltungen tun!
Vor 4 Tagen meldete sich ein guter Freund von mir. Er erzählte, dass sein Kind Konstantin gesund auf die Welt gekommen ist. Ich finde, Konstantin verdient ein Leben in Sicherheit. Ich wünsche mir, dass auch er gefüllte Supermärkte besuchen kann, so wie wir das jetzt können und dass er sich die Lebensmittel dort dann auch leisten.—
Lasst mich noch einmal ganz kurz erzählen, wo wir gerade stehen. Dafür muss ich etwas raus zoomen.– Carla Hinrichs, die Sprecherin der Letzten Generation, sagte gegenüber der Süddeutschen Zeitung vor ziemlich genau 2 Wochen wörtlich:
Wir sind gottlos am Arsch
Wissenschaftler:innen wählen da meist weniger krasse Worte. So schrieb der Weltklimarat IPCC letztes Jahr:
Die in diesem Jahrzehnt getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Maßnahmen werden sich jetzt und für Tausende von Jahren auswirken.
Auf den ersten Blick mag es so wirken, als wäre der Weltklimarat zurückhaltender in seiner Kommunikation als Carla. Doch wenn Wissenschaftler:innen ohne Konjunktiv von Tausenden von Jahren sprechen, dann muss uns klar sein: Das Haus steht im Vollbrand und wir müssen – jetzt – handeln.—
Lasst uns kurz schauen, was wir als Menschheit gerade unternehmen. Der Weltklimarat schrieb dazu letztes Jahr: Zitat:
[…] selbst wenn alle Länder ihre getroffenen Klimaversprechen auch einlösten, würden wir noch in diesem Jahrhundert das 1,5-Celsius-Limit überschreiten – wahrscheinlich sogar das 2-Grad-Limit.
Wir überschreiten 1.5 Grad. Wahrscheinlich sogar 2 Grad – wenn sich alle Regierungen an alle von ihnen verabschiedeten Gesetze halten.—
Doch zur Zeit tun sie das verantwortungsloserweise nicht. Wir erinnern uns: Das Haus brennt! – Doch statt zu löschen gießt die Bundesregierung weiter Öl ins Feuer. 2020 subventionierte Deutschland die Klimazerstörung mit über 30 Mrd. € und dieses Jahr wurde das Klimaschutzgesetz abgeschwächt.– Den politischen Diskurs bestimmen derweil absurde Dinge wie mehr Autos in den Innenstädten oder E-Fuels, damit Verbrenner Autos auch in 100 Jahren noch fahren dürfen, die Liste ist viel zu lang. An wissenschaftlichen Erkenntnissen gehen diese Diskurse komplett vorbei. Deswegen sind Menschen aus der Zivilgesellschaft gefordert Ehrlichkeit in unsere demokratische Debatte zu bringen.
Wenn wir jetzt nicht handeln, dann wird Konstantin jeden Sommer Angst haben, dass seine Oma die heißer werdenden Tage nicht überlebt.– Mehr als 47.000 Hitzetote in Europa (pro Jahr!) sind leider jetzt bereits bittere Realität.1
Ihr merkt, ich bin ein Freund der großen Stellschrauben. Die gute Nachricht ist: Die Lösungen die wir brauchen, gibt es bereits. Doch damit die Regierung diese auch umsetzt, braucht es nun unignorierbaren Druck von uns, der Zivilgesellschaft. Eine Energiewende bietet so viele Chancen (auch wirtschaftlich, liebe FDP). Eine Verkehrswende bringt so viel Lebensqualität in die Städte.– Und da sich die Welt eh verändert, lasst uns den Wandel doch aktiv – und vor allem: gerecht gestalten.—
Ich möchte Konstantin in 20 Jahren sagen können, dass ich alles versucht habe, die Katastrophe abzuwenden. Ich wollte nicht weiter verdrängen, sondern tätig werden, mich wirksam fühlen, dem Politikversagen und der Angst mit Tatendrang begegnen. Allein der Versuch ist ein visionäres Projekt und erfordert Mut und Kraft. Doch das Engagement gibt mir auch etwas zurück, es bringt mich mit wunderbaren, mutigen, empathischen, Menschen zusammen die ich so nie getroffen hätte.– Diese Menschen schenken mir Hoffnung.—
Natürlich sind auch die kommunalen Entscheidungen von enormer Bedeutung. Und wir sind natürlich nicht nur Unterstützer:innen der Letzten Generation. Wir sind auch Wuppertaler:innen und haben deshalb – genau wie ihr alle – ein ganz besonderes Interesse daran, die Wuppertaler Natur zu erhalten und diese Stadt so zu gestalten, dass wir besser vorbereitet sind für alles, was uns noch erwartet. Opernhaus und Cinemaxx haben uns eindrucksvoll gezeigt, dass sich unsere Stadt verändern muss.– Versiegelung ist hier allerdings die komplett falsche Richtung!—
Als Letzte Generation Deutschland werden wir uns übrigens sehr bald einem weiteren Thema auf lokaler Ebene widmen: Wir kommen ab Ende September in Kassel zusammen und fordern vom dortigen Oberbürgermeister:
Keine Steuergelder für den Regionalflughafen Kassel Calden!
In Kassel wird der bankrotte Flughafen mit Millionen an Steuergeldern künstlich am Laufen gehalten. Dort bezahlen Menschen diese Katastrophe mit ihren Steuern! Jedes einzelne Flugticket wird mit 130 Euro subventioniert. Jeder einzelne dieser Flüge trägt weiter zur Zerstörung unserer Zukunft bei und gießt Öl ins Feuer. Diesem Unrecht werden wir uns friedlich und entschlossen entgegenstellen.2
Das Grün.stadt.Grau uns gefragt hat, ob wir als Letzte Generation Wuppertal hier teilnehmen möchten, hat uns sehr gefreut: Denn als Klimabewegung zusammenzuwachsen ist von enormer Bedeutung. Uns bleibt keine Zeit. Die Klimakatastrophe ist jetzt – hier – überall. Weltweit bezahlen Menschen in dieser Krise mit ihrer Gesundheit, ihrer Chance auf eine gute Zukunft, mit ihrem Leben.
Lasst uns gemeinsam kämpfen, für eine bessere, gerechtere Zukunft, für Konstantin, und für uns alle.
Danke.■
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